Die Hochzeit rückt immer näher und nur noch wenige Tage sind in der Schule zu überstehen, die Prüfungen verliefen für Priya und ihre Freundinnen sehr positiv. Kein Zweifel, dass sie die besten
ihres Jahrgangs werden.
Und dann ist der Tag der Zeugnisausgabe schneller da, als Priya es sich gewünscht hat.
„Wir haben in diesem Jahr drei Schülerinnen mit der gleichen Punktzahl und somit gehen diese drei als beste Schülerinnen dieses Jahr von unserer Schule!“, kündigt der Schulleiter erfreut an. Sein
breites Grinsen, geht von hier nach Bagdad - er ist wahnsinnig stolz. „Ich bitte nun Lalita Almida, Shierley Dixit und Priya Kapoor zu mir nach oben!“
Lauter Applaus ist nun zu hören, doch ist Priya das in diesem Moment relativ egal. Sie geht mit ihren Freundinnen die Stufen hinauf und bleibt vor ihrem Schulleiter stehen, versucht nun auch ein
Lächeln auf ihre Lippen zu bekommen. Dies gelingt ihr sehr gut, nachdem der Schulleiter ihnen erst mal gratuliert hat reicht er ihnen ihre Zeugnisse. Die drei nehmen sie dankend an und verlassen
nach kurzen Augenblicken wieder die Bühne, die auf dem Schulhof auf gebaut wurde. Nachdem die drei wieder auf ihren Plätzen sitzen, redet der Schuleiter weiter.
„Das ist so geil, ich hätte nie gedacht, dass ich das schaffe!“, fängt Shierley an zu schwärmen und schaut ihr Zeugnis an. „Ich auch nicht. Das ist das Zeichen, dass wir es geschafft haben! Wir
können mit diesen Noten überall hin!“, meint nun Lalita erfreut und stolz auf sich und ihre Freundinnen. Priya hat den Blick gesenkt und auf ihr Zeugnis gerichtet, für sie hat dies nichts Gutes
zu bedeuten. Den Tränen nahe versucht sie auch etwas zu sagen, doch ihr will nichts über die Lippen kommen und so schweigt sie. „Priya, Süße! Was ist mit dir? Bist du nicht froh endlich mit der
Schule fertig zu sein?“, fragt Lalita neben ihr. „Doch... Das ist es aber nicht. Ich will nur nicht nach Hause, da wartet so viel auf mich!“, meint Priya dann mit leiser und erstickter Stimme.
Ihre Freundinnen legen ihr die Hand auf die Schulter und Shierley hebt ihren Kopf am Kinn nach oben. „Süße, glaub mir. Du schaffst das! Ich bin fest davon überzeugt, dass alles wieder gut wird!“
Priya beginnt zu lächeln. „Wenn ich dir nur glauben könnte, Shierley!“, meint sie dann und schluchzt einmal auf. „Du kannst mir glauben. Du wirst den bekommen, den du willst! Egal wie!“ Priya
würde ihrer Freundin nur zu gerne glauben, doch die wissen beide nicht um was es da wirklich geht.
Vom Weiten schauen sich Arian, Suhana und Sanjay das Ganze schweigend an, bis Suhana das Schweigen bricht. „Seht euch nur die drei an. Kein Wunder, dass sie die Besten sind. Wisst ihr an was ich
gerade denke? An unsere Zeugnisausgabe. Wie wir drei da standen, voller Stolz!“, fängt sie dann an zu lächeln. Die zwei Jungs nicken allerdings nur.
*****
Priya ist inzwischen wieder zu Hause und das schon seit einigen Tagen. Ihre Sachen sind wieder an Ort und Stelle und nun hat Priya das Gefühl niemals weg gewesen zu sein. In Gedanken ist sie
allerdings weit weg, wie es ihm wohl geht? Was er gerade wohl macht, ob er noch in Goa ist oder schon in Mumbai? Jede Stunde geht mindestens einmal bei ihr die Zimmertür auf, alle wollen sie
etwas von ihr für die Hochzeit.
„Du Priya. Lieber ganz Rot oder ganz Orange? Oder doch lieber Orange-Rot?“, platzt nun Bindiya ins Zimmer rein. „Weißt du wie egal mir das ist? Ich könnte auch in schwarz gehen!“, zischt Priya,
mit dem Blick aus dem Fenster. „Nein, an deiner Hochzeit wirst du sicher kein schwarz tragen! Ich finde den Roten am schönsten, der würde dir sicher stehen!“, lächelt sie dann. „Mir ist es nur
recht!“, meint Priya knapp. „Mensch, Schwesterchen. Du sitzt seit Tagen auf deiner Fensterbank, schläfst du vielleicht auch darauf?“, fragt Bindiya und setzt sich nun neben sie. „Kommt schon mal
vor!“, entgegnet Priya wieder knapp. „Das war nur ein Scherz, aber nun wenn es so ist... Priya, denke nicht Shena und ich verstehen dich nicht! So ist es nämlich nicht!“, meint Bindiya dann ruhig
und schaut ihrer Schwester ins Gesicht. „Das glaube ich auch nicht!“, antwortet Priya, den Blick immer noch aus dem Fenster gerichtet. „Wir wissen nur zu gut das du Arian liebst und der Hochzeit
aus diesem Grund am Liebsten aus dem Weg gehen möchtest!“, meint Bindiya und legt ihre Hand auf Priyas Hand. „Gut, Shierley und Lalita wissen es auch! Doch ich weiß gar nichts!“, meint sie dann
und schaut ihre Schwester an. „Woher wollt ihr wissen, wie es in mir aus sieht, wenn ich es selbst nicht einmal weiß?“, fragt sie dann, den Tränen nah. „Sei froh wenn es überhaupt jemand hier
bemerkt. Denn wie du sieht, interessiert es unsere Eltern reichlich wenig!“, meint Bindiya dann. Priya nickt zu stimmend. „Ich weiß echt nicht warum sie es nicht sehen wollen!“, meint sie nur
verzweifelt.
„Ach Schwesterherz, mach dir keine Sorgen! Wir geben unser Bestes, sodass du nicht mehr an ihn denken musst!“, versucht Bindiya sie zu beruhigen. Doch das Gesagte macht Priya eher wütend. „Wenn
ihr das schafft, überreiche ich euch einen Pokal! Wenn nicht einmal ich schaffe mir ein zu reden, dass ich ihn vergessen soll, dann werdet ihr es genau so wenig schaffen! So was geht nicht mit
einem Fingerschnippen!“, faucht sie dann los. Bindiya steht nun wieder auf. „Okya, ich werde dich nun nicht weiter stören, aber vergiss nicht in zwei Tagen ist deine Hochzeit. Den Sari lass ich
dir hier!“ Bindiya verlässt wieder ihren Raum und blickt bevor sie die Tür schließt noch einmal zu ihr. Priya hat den Blick wieder aus dem Fenster gerichtet und als sie die Tür ins Schloss fallen
hört suchen sich Tränen den Weg aus ihren Augen. Sie lässt ihnen freien Lauf und sieht der Sonne zu wie sie am Horizont langsam unter geht. So wie die Sonne nicht mehr zu sehen ist schließt Priya
kurz die Augen, spürt die heißen Tränen dadurch nur intensiver und schlägt die Augen wieder auf. Dann wischt sie sich die Tränen weg und blickt über die Straße, wo sie den Leuten zu sieht die an
ihrem Haus vorbei gehen. Wie in den Tagen zuvor schläft sie auf der Fensterbank ein.
Den nächsten Morgen wird Priya früh geweckt, denn schon kommen ihre Mutter und ihre Schwestern rein geschneit. „Priya, komm! Du musst dich fertig machen. Geh dich duschen, wir helfen dir dann
beim Anziehen und dann tragen wir das Henna auf!“, meint ihre Mutter. Priya blickt zu den dreien, die gerade zur Tür rein kommen, ihren Stoff vom Sari auf dem Bett ausbreiten und sie
erwartungsvoll mustern. Dann steht sie von der Fensterbank auf und marschiert ins Badezimmer. Als ihre Mutter und Schwestern ihr dann endlich den Sari umgebunden haben, ihr noch feuchtes Haar
zurück flechten und anschließend ihre Hände mit Henna bemalen wird ihr erst so richtig bewusst was hier passiert. Die drei gehen anschließend wieder aus ihrem Zimmer. Priya setzt sich wieder auf
ihre Fensterbank und legt ihre Hände auf ihren Schoß die Füße auf dem Boden und den Blick auf ihre Hände.
Sie hat kaum Zeit zum Nachdenken, denn da geht schon die Tür auf. „Priya möchtest du etwas von den Süßigkeiten die Mama gemacht hat?“, fragt Shena in der Tür. „Nein danke!“, entgegnet Priya und
dann ist die Tür auch schon wieder zu. Priya atmet einmal tief ein, versuchend dadurch die Tränen zurück zu halten. Wie oft hat sie in den letzten Tagen schon geweint, wie oft hat sie schon den
Drang verspürt ihren Tränen freien lauf zu lassen? Sie weiß es nicht, aber es heraus finden will sie auch nicht mehr. Morgen... Morgen ist es so weit, sie muss heiraten, jedoch nicht den, den sie
liebt. Lieben... Liebt sie Arian wirklich oder wollen ihre Schwestern und ihre Freundinnen sich nur ein Spaß mir ihr machen? Doch glaubt sie wirklich, mit so was würden Personen die ihr so viel
bedeuten einen Spaß machen?
Und schon geht die Tür erneut auf. „Kind, willst du denn wirklich nichts essen? Du musst doch am verhungern sein! Du musst für morgen wohl auf sein. Ich stell dir etwas zu Essen hier auf den
Tisch! Und iss ja etwas davon!“, meint ihre Mutter, stellt den Teller auf ihrem Tisch ab und ist auch schon wieder verschwunden. Noch nicht einmal antworten konnte Priya, aber sie hat es eh kaum
mit bekommen, was ihre Mutter gesagt hat. Erneut atmet sie tief ein und schweift dann mit dem Blick nach draußen. Wie sehr wünscht sie sich, die Zeit zurück zu drehen, alles noch einmal zu
erleben um etwas zu ändern. Doch fragt sie sich, was Arian von all dem hält. Vielleicht ist ihm das ja alles egal, weil er sie gar nicht liebt. Wenn er alles so hin nimmt und ihr auch noch
Glückwünsche gibt. Nur der Gedanke daran lässt ihr Herz so sehr schmerzen, als ob sich ein Messer direkt durch ihr Herz bohrt. Warum hat sie das Gefühl, ihre Freundinnen hatten recht als sie
sagten sie liebt Arian? Wenn es stimmt, seit wann hat sie diese Gefühle? Sie kann sich noch genau an den ersten Tag erinnern, als sie ihn zum ersten Mal sah. Sie weiß noch genau wie sie sich
darüber lustig gemacht hat, dass die drei Schauspieler werden wollen. Da war ihr zum Lachen, doch wenn sie jetzt zurück denkt, denkt sie mit einem Lächeln und verweintem Gesicht zurück. Wann wird
der Schmerz auf hören, der Schmerz der so tief sitzt!?
Seit wann liebt sie Arian? Diese Frage kann sie sich nicht beantworten, doch alle anderen wissen es. Will sie sich diese Frage überhaupt beantworteten? Wie wird sie jetzt mit Sanjay verheiratet
sein können, wenn ihre Gedanken nur bei Arian sind? Sie wischt sich einzelne Tränen weg um zu unterdrücken was sie gerne der ganzen Welt sagen will. Ihre Blicke streifen wieder aus dem Fenster,
wo kleine Kinder auf der Straße spielen und am Lachen sind. Wie sehr würde sie jetzt raus gehen und mit diesen Kindern zu spielen um selbst noch ein mal ein Kind zu sein.
Erst jetzt fällt ihr auf, dass im Hintergrund leise Musik spielt. Seit wann ist sie schon an, hat sie sie selber angestellt? Darüber kann sie nicht nachdenken, denn schon geht ihre Tür wieder
auf. „Priya, Süße. Du hast ja doch nichts gegessen!“, meint Bindiya als sie den Teller auf Priyas Tisch sieht. „Ich hatte kein Hunger.“, nuschelt Priya kaum verständlich mit dem Blick weiter hin
aus dem Fenster. „Du hast hier vielleicht eine stickige Luft. Ich mach deine Balkontür mal auf. Das ist ja kaum aus zu halten!“, redet sie weiter ohne die Worte von Priya richtig verstanden zu
haben. Dann kommt sie auf Priya zu und setzt sich zu ihr. „Priya denke nicht zu sehr an ihn, so wird es schwer werden ihn los zu lassen!“, meint sie dann. „Ich will ihn nicht los lassen. Auch
wenn ich ihn nicht heiraten werde, die Vergangenheit war zwar kurz aber unvergesslich!“, antwortet Priya ruhig. Bindiya schaut nun auch auf die Straße und dann mit einem liebevollem Lächeln
wieder zu Priya. „Du verstehst mich falsch. Aber weißt du was? Ich lass dich jetzt wieder allein!“, lächelt sie dann und steht wieder auf. Priya hält sie am Handgelenk fest. „Danke.“, meint sie
nur, löst den Blick nicht vom Fenster allerdings den Griff von Bindiyas Handgelenk.
Eine ganze Zeit ist Priya nun wieder allein in ihrem Zimmer, bis die Tür erneut auf geht. „Priya...“, will Bindiya gerade anfangen, doch wird sie unterbrochen. „Bindiya lass mich bitte in Ruhe.
Ich möchte nun auch mal meine Ruhe haben, bitte!“ Und schon ist die Tür wieder zu, jedoch klopft Brindya an und steht dann gleich danach wieder in der Tür. „Aber weißt du...“
„Mensch, Bindiya... 2 Stunden... Kann ich nicht 2 Stunden meine Ruhe haben?“, fragt sie dann noch relativ ruhig. Bindya merkt das sie fehl am Platz ist, aber das wird sie nicht davon ab halten
weiter zu fragen, denn das hat seine Gründe. Die Tür geht wieder zu und 5 Minuten steht Bindiya stumm davor um anschließend wieder zu klopfen und die Tür wieder zu öffnen. „Willst du nicht
wissen...“, fängt sie an. „Bindiya!“, ruft Priya nun mit erhobener Stimme. Kein einziges Mal hat sie den Blick vom Fenster abgewendet, jedoch spricht sie mit Druck. „Aber...“
„Kein aber... Geh bitte!“, unterbricht Priya sie und schaut nun endlich vom Fenster weg und nun Bindiya an. Priya atmet einmal tief ein und aus, warum kann sie nicht einmal ihre Ruhe haben?
Bindiya schließt die Tür wieder und Priya hofft, dass sie endlich verstanden hat.
Wieder sieht sie aus dem Fenster, allerdings hört sie wie die Tür auf geht und springt nun von der Fensterbank. Kann sie nicht einfach allein gelassen werden? „Bindiya, sagte ich dir nicht du
sollst....“, fängt sie an und stoppt blitzartig.
Anstatt Bindiya steht nun Arian in der Tür, dieser schaut sie nun ratlos an, ein kurzes Lächeln huscht ihm über die Lippen und verschwindet so schnell wie es kam auch wieder. Ihr Anblick raubt
ihm alle Sinne, lässt sein Herz höher schlagen und die Augen nicht von ihr abwenden. „Störe ich? Ich kann wieder gehen, wenn ich ungelegen komme!“, meint er dann und will sich gerade zum Gehen um
wenden. „Nein, bitte warte. Es tut mir leid. Ich dachte es sei meine Schwester. Wer hat dich rein gelassen?“, fragt sie und bemerkt das er etwas in den Händen hat.
„Ich hab ihn rein gelassen. Aber du wolltest mir ja nicht zu hören und so dachte ich mir...“, will Bindiya gerade erklären. „Danke Bindiya. Warum hast du es nicht gleich auf den Punkt gebracht?“,
meint Priya und schaut Arian an, sie glaubt immer noch zu träumen. „Das wollte ich ja, doch du hast mir gar nicht... Ach was rede ich... Du hörst mir ja jetzt nicht mal zu. Ich gehe dann wieder
runter.“, lächelt sie dann, winkt mit der Hand ab und hat das Zimmer verlassen.
„Gehen wir auf den Balkon?“, fragt Arian dann und deutet auf die offene Balkontür. Sie nickt lächelnd und bittet ihn dann mit einer einfachen Handbewegung auf den Balkon. Draußen stehen sich die
zwei gegenüber, Priya hört zum ersten Mal wie laut es heute ist - drin bekam sie das gar nicht mit. „Für wen ist diese Schachtel?“, fragt sie dann neugierig und zeigt auf die Schachtel, die Arian
krampfhaft festhält. „Ach weißt du, ich wollte deiner Mutter etwas mit bringen und da dachte ich mir, dass hier wäre... Ach, nein, kleiner Scherz das ist für dich!“, meint er dann mit einem
Lächeln. Und auch Priya beginnt zu lächeln, obwohl ihr mehr nach weinen ist, doch Arian löst etwas in ihr aus das ihr plötzlich Wärme und das Gefühl gibt es sei alles in Ordnung. „Aber du musst
mir eins versprechen, Priya...“, fängt er an. Da war es wieder. Priya... Wie er ihren Namen sagte, für andere klang er sicher normal doch für sie war es ein reines Geschenk. Sie blickt
nun zu ihm auf, ihm direkt in die Augen während sie wartet was er zu sagen hat. „Du darfst die Schachtel nicht vor morgen früh auf machen. Nicht vorher und nicht später. Nichts von beidem. Morgen
früh, ja?“, meint er. Es klingt, als liegt ihm sehr viel daran das sie wirklich genau das tut was er sagt.
Arian ist schneller wieder weg als er gekommen ist. Den Blick noch einmal kurz zur Musik Anlage und öffnete dann die Tür. Draußen atmete erst einmal tief ein, nachdem er die Tür hinter sich
geschlossen hat. Sie hatte aus seiner Sicht so total locker reagiert, als sei ihr egal, dass er jetzt geht. Er hat ihr zwar nicht gesagt, dass er nicht mehr kommt und nun das Letzte mal bei ihr
sein konnte aber es schmerzte ihm sie so zu sehe. Langsam geht er die Treppen runter und öffnet die Haustür, Priyas Eltern wissen ja gar nicht das er da war, so legt er die Haustür leise wieder
ins Schloss. Es zerreißt ihm das Herz, als er nun die Treppen hinunter geht und dann auf dem Bürgersteg stehen bleibt. Die Hände in den Hosentaschen vergraben marschiert er nun zurück zu den
Talwas um dort die restlichen Sachen ein zu packen um dann zu gehen. Diese Stadt zu verlassen, seine Liebe zu verlassen und sein Herz hier zu lassen.
*****
Währenddessen steht Priya immer noch auf ihrem Balkon und schaut auf die geschlossene Tür. Sie bemerkt erst jetzt, dass Arian ihr die Schachtel in die Hand gedrückt hat und dann ohne ein weiteres
Wort zu sagen gegangen ist. Langsam geht sie zurück ins Zimmer und schließt die Balkontür hinter sich zu. Dann setzt sie sich auf ihr Bett und legt die Schachtel vor sich hin, den Blick
anschließend auf die Schachtel gerichtet. Sie fragt sich was wohl in ihr steckt, was verbirgt die Schachtel, dass sie sie erst morgen öffnen darf? Und warum morgen, an ihrem Hochzeitstag? Sie
verspürt den Drang, die Schachtel einfach zu öffnen und nach zu sehen was da drin steckt. Was es wohl sein wird, etwas tolles, etwas schlimmes, etwas zum Lesen? Vielleicht hat er ihr etwas
geschrieben, ihr etwas hinterlassen.
*****
„Arian wo warst du?“, fragt Suhana, die die Treppe runter rennt und vor ihm zum Stehen kommt. „Ich war bei Priya.“, antwortet er knapp und geht an ihr vorbei um hoch in sein Zimmer zu
gehen. „Was? Hab ich richtig verstanden? Du warst bei Priya? Bei unserer Priya?“
„Kennst du zufälligerweise noch eine andere?“, fragt er, die Stirn in Falten gelegt und öffnet seine Zimmertür. „Nein, dass ist ja das Tolle!“, grinst Sunhana nun zufrieden. „Wir können also...“,
will sie gerade anfangen zu planen. „Nein, können wir nicht!“, unterbricht er sie und fängt an seine Sachen zu sortieren. „Und warum? Hat sie gesagt, dass sie dich nicht liebt, oder...“, fängt
sie an sieht auf seine Tasche die er aufs Bett legt und dann mit großen Augen zu ihm. „Du hast es ihr nicht gesagt!“, meint sie und verschränkt die Arme vor der Brust, erwartet eine Antwort von
ihm. „Nein hab ich nicht. Aber sie wird es morgen früh wissen.“, sagt er dann jedoch war der Letzte Teil eher laut gedacht.
„Und du willst jetzt gehen? Sehe ich das richtig?“, meint Sanjay der nun ebenfalls in Arians Zimmer eintritt. „Ähm warte. Meine Sachen in meiner Tasche. Ja, sieht ganz so aus, oder?“, meint Arian
und blickt kurz zu seinen Freund um sich anschließend wieder seinen Sachen zu widmen. „Und warum, wenn ich fragen darf?“, wirft nun Suhana ein, sie glaubt es nicht das Arian nach all dem gehen
will und gerade jetzt. „Warum? Das fragst du mich tatsächlich?“, meint Arian ernsthaft und mit erhobener Stimme. „Du glaubt doch wohl nicht wirklich, dass ich hier bleibe und zu sehe wie mir das
Herz in tausend Einzelteile zerrissen wird wenn Sanjay sie heiratet, wenn er vor meinen Augen ihr das Ja Wort gibt und wenn sie ihm das Ja Wort gibt und nicht mir. Glaubst du das wirklich?“ Mit
Tränen in den Augen sieht er Suhana an, seine erhobene Stimme ist so fest, dass es Sanjay die Sprache verschlägt und Suhana eine Gänsehaut bekommt. Ihr Körper beginnt zu zittern, ihr steigen die
Tränen bei Arians Anblick in die Augen und sie senkt den Blick. Arians Hände beginnen zu zittern und so greift er schnellstens zu seiner Tasche um so Halt zu finden und nicht in sich ein zu
sacken. Er geht aus seinem Zimmer und den Flur entlang um die Treppen hinunter zu gehen.
„Meinst du mir geht es anders...“, fängt Suhana nun zu schluchzen an und sackt zu Boden. Sanjay kniet sich zu ihr und legt die Hände an ihre Schultern um ihr wieder auf zu helfen. „Komm... Lass
uns wenigstens runter gehen, auf zu halten ist er nicht mehr. Vor allem nicht in seinem Zustand!“, redet er beruhigt auf sie ein und sie nickt nur.
*****
„Willst du sie nicht öffnen?“, fragt Bindiya und bekommt damit Priyas Aufmerksamkeit. Diese erschreckt sich so sehr, dass sie sich an die Brust packt und zu ihrer Schwester auf schaut. „Hab ich
dir erlaubt in mein Zimmer zu kommen? Was machst du hier?“
„Du hast mich rein gelassen.“, entgegnet Bindiya und blickt nun zu ihrer Schwester, da auch sie ganze 5 Minuten diese Schachtel an gesehen hat - wie lange es wohl Priya bereits tat?
„Ehrlich?“, fragt Priya, sie weiß gar nicht ob und was sie bis eben gesagt oder nicht gesagt hat. „Ehrlich. Und nun sag schon, warum machst du die Schachtel nicht einfach auf anstatt sie wie
besessen an zu sehen?“
„Ich darf sie nicht vor morgen öffnen!“, entgegnet Priya ernst und schaut dann wieder zur Schachtel.
„Sanjay...“, vorsichtig rüttelt Suhana, an nächsten Morgen, an seiner Schulter. Sie liegt neben ihm auf seiner Decke und betrachtet ihn mit entspannten Gesichtszügen. „Suhana?...“, haucht er dann
fragen und lächelnd, hat die Augen allerdings noch geschlossen. „Du musst aufstehen, Schatz. Deine Eltern schicken mich!“, meint sie dann und lächelt sanft. „Sag das nochmal!“, meint er nur und
kuschelt sich in sein Kissen. „Was? Dass deine Eltern mich schicken?“, meint sie fragend und sieht ihn verwirrt an. Er öffnet die Augen und dreht sich nun zu ihr. „Nein, dass was du davor gesagt
hast.“, lächelt er. „Dass du aufstehen musst?“, fragt sie weiter und lächelt ihn nun milde an. „Suhana.“
„Sanjay?“
„Suhana!“, jetzt klingt er ernster und ergreift ihre Oberarme, um sie dann zu sich runter zu ziehen. Sie sieht ihm einfach in die Augen und versucht sich nicht darin zu verlieren, dann lehnt sie
sich weiter nach vorne, sodass sie auf seiner Brust liegt. „Schatz...“, haucht sie ihm dann ins Ohr, als ihre Lippen an seiner Wange vorbei zu seinem Ohr gehen. Er schließt sie nun in seine
Arme und sie legt den Kopf auf seiner Brust ab. „Ich liebe dich!“, meint er dann und streicht ihr durch das Haar. Sie nickt nur, versuchend die Tränen zu unterdrücken und schaut ihn an. „Ich
liebe dich auch. Und ich weiß nicht was ich machen soll, dass es aufhört!“, meint sie dann und kann die Tränen nicht mehr zurück halten. Er wischt ihr eine Träne unter dem Auge weg. „Bitte höre
nie auf mich zu lieben. Ich bitte dich darum.“, flüstert er dann und schaut ihr in die Augen. „Ich muss, Sanjay. Du wirst nie mir gehören können, ich werde sonst daran zu Grunde gehen!“,
schluchzt sie dann. Sie reden beide leise miteinander, aus dem Grund, weil sie angst haben Sanjays Eltern könnten etwas hören. „Ich gehöre nur dir, hörst du? Dir allein. Wenn ich könnte würde ich
alles machen um die Hochzeit noch zu verhindern, aber dafür ist es wohl zu spät wir müssen in wenigen Stunden los!“
„Ich weiß nicht... Wir hätten noch eine einzige Möglichkeit um zu verhindern, dass du Priya heiraten musst. Aber ich weiß nicht was Priya davon hallten wird!“, beginnt sie, wischt sich selbst
einige Tränen weg und legt sich neben ihn und den Kopf wieder auf seine Brust. „Und welche Möglichkeit wäre das?“, fragt er dann und blickt zu ihr hinunter.
Sie beginnt ihm zu erzählen, was sie gestern den Rest des Tagen gut durchdacht hatte.
*****
Langsam öffnet Priya die Augen, der kühle Morgenwind über ihrer Haut hat sie geweckt. Sie liegt seitlich auf ihrem Bett, den Sari immer noch an, das Henna leicht verschmiert und die Hand auf der
Schachtel ruhen. Als sie die Schachtel unter ihrer Hand spürt, läuft ihr ein kurzer aber intensiver Schauer den Rücken entlang, sie beginnt zu zittern. Heute ist es so weit, sie muss heiraten und
kann endlich ihren Durst der Neugierde, der sie kaum schlafen lies wecken. Sie setzt sich, so gut es geht, in ihrem Bett aufrecht hin, legt die Schachtel auf ihre Knie und schaut sie eine Zeit
lang an, eine Träne verliert sich aus ihren Augen und fällt ihr auf die Oberfläche ihrer Rechten Hand. Ihr Herz schlagt ihr bis zum Hals, ihre Gedanken setzen aus und ihr ganzer Körper scheint zu
beben.
Mit zitternden Händen öffnet sie den Deckel der Schachtel und das erste was sie sieht ist ein blauer Stoff. Ihr rinnen nun unzählige Tränen die Wangen entlang und sie streicht leicht mit der Hand
über den schönen Stoff. Er hatte ihn also gekauft, kein Wunder das sie ihn nicht mehr bekam. Aber warum hatte er ihn für sie gekauft? Das ihr die Antwort auf diese Frage nicht bewusst
ist...
Sie hebt den Stoff leicht aus der Schachtel hinaus, eine Seite rechts und die andere links und legt sich den Sari an die Brust. Sie schluchzt heftig auf. „Warum? Warum nur?“, schluchzt sie leise
unter Tränen. Jedoch fällt ihr nun noch etwas anderes auf, ein Zettel der auf dem Boden der Schachtel liegt. Sie legt den Stoff nun vor sich hin um den Zettel hinaus zu nehmen und mit zitternden
Händen auf zu falten.
Am Anfang wusste ich nicht was es war.
Doch als ich dir in die Augen sah war ich mir klar!
Ein einziger Blick von mir,
sagt: Ich gehöre nur dir!
Es soll so sein,
ich bin dein!
Ich wusste nicht, dass es so schön sein kann,
vor allem für einen Mann.
Ich schütte dir hier mein Herz aus,
bitte tritt nicht darauf.
Ich liebe Dich...
Doch liebst du mich?...
Arian
Priya lässt den Zettel sinken und glaubt sich verlesen zu haben. Als sie die Zeilen dann endlich in sich auf genommen hat beginnt sie nun noch heftiger zu weinen.
„Warum? Warum nur? Warum ich? Warum er? Warum wir? Warum!?“ Diese Worte verlassen in einer Dauerschleife ihre Lippen, gefolgt von starken Schluchzern.