Es war warm draußen. Wie es sich für Mumbai und Indien nun mal gehörte. Ich war gerade damit beschäftigt mich auf meinen ersten Patienten für den Morgen vorzubereiten und meinen morgentlichen
Kaffee zu mir zu nehmen... da stürmte meine Assistentin in den Pauseraum und überfiel mich regelrecht mit ihrer „Misses-Bakshi-Abhishek-Bachchan-Er-verlangt-nach-Ihnen-Sofort“ Atmung. Ich wusste
nicht so recht was ich jetzt sagen sollte. War sie jetzt außer Puste weil Abhishek Bachchan im Vorflur stand, oder war sie außer Puste, weil sie so gerannt war? Mein Kollege, und bester Freund,
hob seine Augenbrauen hinauf. „Abhishek Bachchan!?“, begann er um von unserer Assistentin ein Nicken zu bekommen. „Warum will er zu dir?“, fragte er mich dann. Ich zuckte mit den Schultern, sah
weiterhin zur Assistentin. „Er will nur Misses Bakshi.“ Obwohl ich mich fragte warum, stand ich auf und ging hinaus.
Ein großer Mann stand in Mitten des Vorflures. Allerdings mit dem Rücken zu mir gekehrt. „Mister Bachchan?“, fragte ich vorsichtig hinter ihm (ich wollte ihn ja nicht erschrecken). „Oh. Misses
Bakshi. Ich hab so viel von Ihnen gehört. Ich hab ein großes Problem und ich hab das Gefühl, dass nur Sie mir helfen können.“
„Kommen Sie doch erst mal mit.“, bat ich ihn. Ich führte ihn in mein Besprechungszimmer, drehte mich aber noch zu der Assistentin um. „Schick den ersten bitte an Mister Kapoor weiter.“ Die
Assistentin nickte und machte, was von ihr verlangt wurde.
In dem Zimmer angekommen bot ich Mister Bachchan an sich zu setzen, der kam meiner Bitte sofort nach. Ich setzte mich auf den Sessel, der dem Sofa gegenüber stand. Professionell nahm ich Stift
und Papier zur Hand und wollte gerade anfangen, als er mir zuvor kam. „Ich hab ein großes Problem. Ich hab etwas Wichtiges vergessen, das weiß ich. Meine Frau ist mir deswegen auch böse, daher
weiß ich es ja auch. Aber mir fällt einfach nicht ein, was es war.“
„Okay, beruhigen Sie sich erst mal. Sagen Sie mir, wann war Ihre Frau noch nicht sauer auf sie, können Sie mir den Tag nennen?“
„Letzte Woche Freitag.“
„Heute ist Montag, seit Samstag ist sie Ihnen sauer?“
„Ja. Es begann mit den Vorbereitungen für ihren Geburtstag. Ich wollt ihr einen Kuchen backen und bat einen Freund mir zu helfen...“
„Es fing also alles mit dem Kuchen für Ihre Frau an? Erzählen Sie doch bitte davon...“
Rückblende, Freitag, 10.10.:
Abhisheks Frau war so eben aus der Tür verschwunden, da sah Aamir seinen Freund und Kollegen irritiert an. „Warum müssen wir nochmal diesen Kuchen machen?“
„Ganz einfach, aus dem Grund, damit ich für Aishs Geburtstag einen kann.“
„Und dann muss das drei Wochen vor ihrem Geburtstag passieren?“
„Aber klar, wenn ich ihn jetzt verhaue, dann hab ich keine Chance ihn noch einmal zu versuchen.“ Aamir setzte gerade an noch etwas zu erwidern, aber da schnitt Abhishek ihm die Worte auch
schon in der Luft ab - eh er sie überhaupt sagen konnte. „Wir müssen anfangen. Wer weiß wann sie wieder kommt. Sie soll nichts davon mit bekommen.“
Minuten später sah Aamir seinem Freund dabei zu, wie er in seiner eigenen Küche auf und ab ging. Er suchte nach allen Utensilien die sie brauchten. Mehl, Zucker, Eier, Milch, Vanillezucker,
Schokostreusel. Alles was ihn ans Backen erinnerte, oder er sich auf und in einem Kuchen vorstellen konnte, fand nach und nach Platz auf dem großen Küchentisch.
Wie Abhishek fertig war und neben Aamir am Tisch stand stützte er die Hände in die Hüften und sah über den Tisch. Anschließend zu seinem Freund. Aamir schmunzelte amüsiert. „Was grinst du so
dämlich?“
„Ich bin gespannt was das für ein Kuchen werden wird. Dann leg du mal schön los...“, begann er, setzte sich an den Tisch und grinste weiter, blickte zwischen Abhishek und dem vollem Tisch hin
und her. „...ich werde dir dabei zu sehen.“
„Du wirst mir schön helfen Freundchen. Der Kuchen muss fertig werden bevor sie da ist. Allein schaff ich das nie.“
„Muss er auch noch verputzt werden eh sie wieder da ist?“
„Nein, du Dussel. Ich werde in einfach zu Akshay fahren.“
„Na, dann lass uns mal anfangen.“, klatschte Aamir, zwar widerwillig aber beherzt, in seine Hände und stand wieder auf. Die beiden banden sich Kochschürzen um und Abhishek stellte die
Schüssel vor ihnen auf den Tisch. „Mit was fangen wir an?“
„Mit Mehl würde ich sagen.“, schlug Aamir vor. Und es wurde gemacht, was der Ältere sagte. Abhishek lies das Mehl vorsichtig hinein, dann sah er in die Tüte und dann in die Schüssel.
Anschließend hob er die Schultern und tat den Rest der erst geöffneten Tüte auch noch dazu. Aamir und er wechselten Blicke. Abhisheks ging dann auf den Tisch. „Zucker.“, meinte er dann. Aamir
krempelte die Ärmel seines Hemdes hoch. „Meine Frau macht immer so eine 'Kuhle' wie sie es selber nennt, eh sie den Rest in die Schüssel tut.“ Abhishek zuckte erneut mit den Schultern und ließ
Aamir machen. Die 'Kuhle' erstellt, ließ Abhishek die Tüte Zucker hinein. Aamir öffnete das Beutelchen Vanillezucker und schüttete die Backung über den Zucker. „Das Wichtigste: Milch.“
„Und die Streusel.“, ergänzte Aamir.
Alles auf dem Tisch kam in die Schüssel. Und dann kam das Schwerste. „Wer rührt?“, hielt Abhishek den Mixer in die Höhe. Aamir hob beide Hände. „Deine Idee. Deine Arbeit.“, überließ er ihm
die Sache.
Wie das spritzte!
War auch kein Wunder, wenn der Mixer auf drei stand. Da flogen schon mal die Fetzen. Oder in dem Fall der Teig.
Nachdem der unfertige Teig zu einem (wahrscheinlich unschönen) Teig heran gerührt war, so goss Abhishek den Teig in eine Form. Immerhin wussten sie schon was sie alles brauchten.
Der Kuchen wurde somit in den Ofen gestellt und der Ofen angestellt. Nur auf was? Aamir sah den Ofen skeptisch an, eh Abhishek die Rädchen einfach wahllos drehte. Den einen bis zum Anschlag
und den anderen auf irgendeines der schönen Bildchen.
Somit musste nur gewartet werden... und gewartet... ach, und gewartet...
Die Männer vertrieben sich die Zeit komischer Weise mit einer Tätigkeit die sogar Sinn machte. Sie fingen an die Sachen vom Tisch wegzuräumen. Lehre Tüten wanderten in den Müll, die Schüsseln
und die Rührstäbe wurden gespült. Ihnen gelang es sogar hin und wieder einen Blick in den Ofen zu werfen.
Nach 4 Stunden roch es allerdings...
Die Männer waren gerade vertieft gewesen in einem sehr anregenden Gespräch, worüber sie tatsächlich die Zeit vergaßen. Abhishek schreckte auf. Es war ihnen beiden sofort klar, was passiert
war. Oder besser, was sie vergessen hatten. Abhishek öffnete den Ofen und wedelte erst mal wie wild mit dem Topflappen vor dem Ofen. Qualm entkam diesem. Und das nicht gerade wenig. Und auch
nicht sehr klarer, nein er war fast schon schwarz - pechschwarz. Aamir stand etwas weiter hinter Abhishek, schaute aber über seine Schulter hinweg in den Ofen hinein.
Mit zwei Topflappen zog Abhishek den Kuchen aus dem Ofen. Er stellte ihn auf den Tisch und legte dann die Hände in die Hüften. Er sah zu Aamir, dann zog er eine Schleppe. „Schwarz ist er,
Aamir. Völlig ruiniert!“
„Ach was. Mach erst mal die Form auf, dann schneiden wir ihn auf und schauen wie er aussieht.“
Abhishek tat was man ihm befahl. Und den Kuchen aufgeschnitten und ein Stück entfernt sahen die Männer, dass der Kuchen innen noch richtig flüssig war. Er kam ihnen regelrecht entgegen.
„Schwarz und dennoch nicht fertig? Ja geht denn so was?“
„Offensichtlich.“, konnte Aamir sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Wir müssen das nochmal machen.“
„Aber was ist, wenn...“, wollte Aamir gerade auf Abhisheks Frau ansprechen, als diese auch schon in das Haus kam. Sie verzog das Gesicht angewidert, nachdem sie offensichtlich roch was hier
passiert war. Sie sah durch die Wolkenschicht zum Ofen und dann sah sie zum Küchentisch. „Was ist denn hier passiert?“, fragte sie dann, mehr besorgt als sauer. „Nichts.“, platze es aus den
deinem Männern heraus. Aishwarya zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ja, das sehe ich.“ Abhishek begann etwas vor sich hin zu nuscheln, was weder seine Frau, noch sein Freund direkt neben ihm
verstand. „Was?“, fragte Aishwarya etwas irritiert nach. „Nun gut. Ich wollte dich überraschen und dir ein Kuchen machen, bevor du nach Hause kommst. Aber er ist uns misslungen.“ Aishwarya sah
ihren Mann mit großen Augen an, dann sah sie zu Aamir; der nur nickte. Und kurz darauf war nur ein Lachen in der Küche zu hören. Aishwarya lachte. Sie lachte aus vollem Herzen.
Rückblende beendet
„Sie sagten Ihre Frau war Ihnen erst am nächsten Tag böse?“
„Richtig.“
„Aber was für einen Bezug ziehen sie auf diesen einen Tag davor?“
„Ich glaube das sie mir etwas sagte, ich es aber vergessen hatte, denn am nächsten Tag fragte sie mich, ob mir etwas auffiele. Ich wusste natürlich von nichts, kurz darauf war sie aus der Tür
verschwunden. Seit dem geht sie mir aus dem Weg. Was mach ich denn, in drei Wochen ist ihr Geburtstag.“
„Hören Sie. Unsere Zeit ist nun leider um. Ich schicke Sie jetzt nach Hause und sie überlegen dort, was Ihre Frau Ihnen an diesem Freitag gesagt hat. Irgendwas muss da ja gewesen sein.“
Somit erhob sich Abhishek Bachchan aus der Couch und verließ den Raum. Er hatte wahrscheinlich gehofft sofort Antwort zu finden. Aber ich bin schließlich nicht Jesus. „Lassen Sie sich einen neuen
Termin geben, wir werden noch einmal reden. Versprochen. Und keine Sorge, wir werden die Antwort schon finden.“ Das hoffte ich jedenfalls.
Den ganzen Tag ging mir das nicht aus dem Kopf. Und am Abend sprach ich nur in einsilbigen Sätzen mit meinem Mann. Der war das gar nicht gewohnt. Und schlafen... daran war nicht zu denken. Der
erste Fall der mich nicht schlafen lies, die ersten schweren Gedanken an den ersten Patient. Was war es nur, dass seine Frau so wütend machte? Plötzlich schien diese Frage mehr Lebenssinn zu
geben, als irgendeine andere je zu vor...
Verrückt. Und das sollte es aber noch nicht gewesen sein. Es sollten noch ein paar verrückte Stars zu mir kommen - Was war nur in sie alle gefahren?